Freitag, 19. Juni 2015

LINDEMANN - SKILLS IN PILLS

Releasedatum: 19.06.2015
Formate: CD (Digipack, Mediabook & Super Deluxe Box), 2LP
Warner Music, Industrial Rock, 10 Songs + 1 Bonustrack

Da ist es endlich, das wohl heiß ersehnteste Album des bisherigen Jahres. Die Meldung, dass Till Lindemann (Rammstein) und Peter Tägtgren (Pain/Hypocrisy) gemeinsame Sache machen, verbreitete sich im Januar wie ein Lauffeuer in der Szene und die sporadisch verbreiteten Snippets ließen die Fans immer hungriger werden.
Nun wurde dieser Hunger gestillt und jedenfalls die deutschen Hörer dürfen ab heute ihr Exemplar von Skills in Pills in den Händen halten. Das Album erscheint in 2 Covervariationen, links die normale Digipack CD (übrigens auch die einzige Version ohne den Bonustrack) und das Mediabook im flammenden Gewand, rechts das Cover der „großen“ Versionen auf Vinyl und in der Super Deluxe Box mit 80-seitigem Buch.

Die Instrumentalversion des Titelsongs „Skills in Pills“ ist den Leuten schon bekannt, die den bandeigenen Newsletter abonniert haben, aber die finale Albumversion ist nochmal ein ordentliches Brett geworden. Mit harten Gitarren und dem gewohnten Gesang von Till, nur eben hier in englischer Sprache, wird man direkt in das Album geschleudert. Im Refrain drängen sich dann vermehrt die elektronischen Effekte in den Vordergrund und sogar Dubstepelemente werden eingebaut, etwas das sich die beiden Akteure in ihren Hauptbands wohl nie erlauben dürften. Insgesamt ein super Opener, der der heutigen „Pillengesellschaft“ mal ordentlich den Spiegel vor die Nase hält.
An zweiter Stelle der Albumtracklist steht der erste Song den die beiden Musiker zusammen geschaffen haben, nämlich „Ladyboy“. Dieser Track besticht vor allem durch den starken Industrialeinschlag und dem Bass, welcher hier schön im Zentrum vor sich her rumpelt. Außerdem finde ich, dass man die epische Gesangsbridge im Mittelteil hier unbedingt lobend erwähnen sollte. In „Fat“ hören wir das Intro des allerersten Lindemannsnippets, der der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde. Die orchestralen Parts, welche hier stark an Filmmusik aus dem Horrorgenre erinnern, wurden von Carach Angren's Clemens Wijers meisterhaft in Szene gesetzt.
Technoider Start, preschende Gitarrenwände, ordentlich Pathos im Refrain, all das ist „Fish on“. Lyrisch stehen hier so einige sexuelle Doppeldeutigkeiten im Vordergrund, immer wieder durchbrochen von „Fish on“-Rufen. Ebenso das nachfolgende „Children of the Sun“ schlägt direkt zu Beginn ein und hat eine gute Prise Pathos in Lindemann's Stimme.
Balladesk geht es hingegen im sehr gefühlvollen „Home sweet Home“, welches eine Krebserkrankung thematisiert, zur Sache. Außerdem ist dieser Song der Erste bei dem mich leider die Aussprache von Till's Englisch stört, was sehr schade ist und den Song deshalb etwas abwertet. Weiter geht es danach aber schon wieder mit sexuellen Anspielungen und typischem „Jungshumor“ im elektronischen Stampfer „Cowboy“, welcher einen guten Übergang zu meinem persönlichen Favoriten und wohl einem der beiden kontroversesten Songs bildet.
„Golden Shower“ beginnt noch recht verträumt. Jedenfalls bis die elektronischen Elemente, sowie die Gitarren dazu kommen und alles eskaliert. Der Song lädt jeden zum headbangen ein und bringt wieder den Lindemann-Humor ein, den man als Fan so liebt. „Be my human Eiffel Tower“.
Mit „Yukon“ wird darauf folgend nochmal etwas Erholung im halb-balladesken Stil geboten. Hier trifft eine wundervolle Pianomelodie auf hervorragende klassische Arrangements und im Refrain wird noch richtig nach vorn gepusht. Ein sehr emotionales Stück.
Ich dachte vor Release des Albums noch, dass man heutzutage mit den Themen die hier behandelt werden nichtmehr schocken könnte. Die Reaktionen auf „Praise Abort“ und das dazugehörige Video haben mich eines Besseren belehrt. Ich muss die Diskussionen hier nicht nochmal auspacken, wer Spaß haben will soll sich einfach mal in den Kommentaren unter dem Video, beispielsweise auf Youtube, die Zeit vertreiben. Das Lied an sich beginnt mit einem Spoken Word Part, welcher von einem typischen Discostampfbeat abgelöst wird. Dieser wiederum entwickelt sich im Verlauf zu einem erstklassigen Industrialrocker mit ordentlichem Gänsehautmoment in der letzten Bridge.
Für Besitzer der Standard Edition endet das Album hier, alle anderen bekommen noch eine Ballade zu hören. „That's my Heart“ ist meiner Meinung nach zurecht „nur“ Bonustrack.

Was wollen wir nun für ein Fazit aus dem Album ziehen? Es ist ein grundsolides Industrialrock- Scheibchen, aber ich bin mir nicht sicher ob „Skills in Pills“ auch so viel Aufmerksamkeit bekommen hätte wenn es eben nicht von den Aushängeschildern Lindemann und Tägtgren wäre. Wer weiß ob es sich überhaupt lang halten kann oder ob es recht bald in der musikalischen Versenkung enden wird? Für den Moment ist mir das Album aber auf jeden Fall 5 von 6 Punkten wert.
Ich denke über Nachwirkung und Halbwertszeit kann man nochmal reden wenn wieder ein neues Pain- oder Rammstein Album erscheint.

Anspieltipps: Skills in Pills, Ladyboy, Fat, Fish on, Golden Shower, Yukon, Praise Abort

Unboxingvideo zur Super Deluxe Edition:

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