Format: CD
Trisol, EBM/Industrial, 11 Songs
Trisol, EBM/Industrial, 11 Songs
Nachdem ich vor einer ganzen Weile
schon diverse Agonoize Veröffentlichungen rezensiert habe, wird es
auch langsam Zeit, dass ich mich an die zweite Übermacht im
deutschsprachigen Industrial heran wage. Meines Erachtens nach ist
das nunmal das selbsternannte Feindbild von allem und jedem, nämlich
Nachtmahr.
Einer der Hauptkaufgründe war für
mich auf jeden Fall die Aufmachung der auf 2000 Exemplare limitierten
Erstauflage, welche optisch an ein Hardcover Comicbuch angelehnt ist.
Gefüllt ist dieses Buch mit allen Lyrics des Albums, sowie diversen
imposanten Illustrationen von Bruce Stirling John Knox, auch bekannt
unter dem Pseudonym „Desecrationism“. Wie man es von Trisol
Veröffentlichungen kennt bekommt man hier also für kleines Geld
hochwertig verarbeitete Produkte, die jede Sammlung optisch
bereichert und aufwertet.
Das Album wird von einem typischen
Nachtmahr Opener eröffnet. Voller Selbstbeweihräucherung triefen
wabernde Basssounds und einfache Drums durch „Wir sind zurück“.
Einzig im Refrain wird dieses Muster aufgebrochen und der sowohl
simple als auch eingängige Text wird von ebenso einfachen
Elektrosounds unterstützt. Der „Dämon“ legt direkt darauf einen
sehr guten Rhythm-Noise Start hin, hält dieses Niveau allerdings
nicht. Vereinzelt kann man im Hintergrund die Melodiesynths
wahrnehmen, aber wirklich nach vorn kommen sie nie.
Schon früh in der Tracklist taucht der
wohl beste Song des Albums auf. „I hate Berlin“ besticht nicht
nur durch seine unglaublich gelungenen Lyrics, auch Gastsängerin
Fräulein Plastique (ex-Welle:Erdball) verpasst dem Lied noch ein
Stück ihres eigenen Charmes. Schade nur, dass es sich hierbei um
eine Coverversion handelt, das Original wurde 1994 von Second Decay
veröffentlicht.
Mit „Die Fahnen unserer Väter“
zieht allerdings auch schon ein wirklich erstklassiger Nachtmahrsong
hinterher und auch als nicht-Österreicher kann man sich dem Stück
öffnen und sich davon berühren lassen.
Nachdem man versuchte in tiefgründige
Gefilde zu wechseln bekommt man mit „Chaos“ einen weiteren
stumpfen Tanzflächenfüller um die Ohren geschmissen, wenigstens
erspart man dem Hörer weitere Lyrics die zum fremdschämen
einladen... wenn man das wenigstens beibehalten hätte. „Parasit“
ist zwar ausnahmsweise mal keine Lobhymne von Thomas Rainer an sich
selbst, steht allerdings nur knapp vor den Disstracks diverser
HipHopper und Rapper. Weil das für Nachtmahr auch nicht genug ist
stellt man sich im Titeltrack „Feindbild“ in die Rolle des
allgemeinen Antagonisten für jedermann. Ob man dem Herren mal sagen
sollte, dass man so auch leicht in lächerliche Selbstüberschätzungen
abrutschen kann? Eine weitere lyrische Perle, die genauso gut von
einer Deutschrock Band oder Varg stammen könnte ist auch „Stehend
sterben“ beendet zum Glück auch schon den Reigen der Füllsongs.
„Liebst du mich?“ wurde vor dem
eigentlichen Albumrelease als Gratisdownload angeboten und ich meine
man hätte kein anderes Stück dafür auswählen können. Dieser Song
vereint alles Gute der CD in sich, denn auch wenn ich nicht übermäßig
viel Positives zu den einzelnen Liedern sagen konnte bieten doch
einige beim genaueren hinhören einige Details die für einige Teile
entschädigen können. Auch das einzige englischsprachige Lied „The
Torch“ weiß mich in seinen Bann zu ziehen und die
heroisch-epischen Soundscapes locken sogar die eine oder andere
Gänsehaut hervor. Abgeschlossen wird „Feindbild“ nach knappen 45
Minuten Spielzeit vom reinen Klavierinstrumental „Wache“.
Bleibt als Fazit also „außen hui,
innen pfui“? Wenn man bedenkt, dass der einzige richtige
Knallersong ein Cover ist könnte man das so stehen lassen,
allerdings verstecken sich auch ein paar Perlen, für die man
„Feindbild“ ruhig noch diverse Male anhören kann. So ist das
Album doch kein Totalausfall und bekommt auch dank des Artworks statt
2 ganze 3 von 6 Punkten.
Anspielltipps: „I hate Berlin“,
„Die Fahnen unserer Väter“, „Liebst du mich?“, „The Torch“
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