Samstag, 18. April 2015

SHINING – IX – EVERYONE, EVERYTHING, EVERYWHERE, ENDS

Releasedatum: 17.04.2015
Formate: CD, CD Digipack in limitierter Digibox, 2LP (verschiedene Farbvariationen), Tape
Season of Mist, Depressive Black Metal, 6 Songs (+2 Digipack Bonustracks)

Drei Jahre nach ihrem letzten Album „Redefining Darkness“, welches von Niklas Kvarforth selbst als misslungenes Experiment bezeichnet wird, legt Schwedens wohl kontroversester Export das bisher neunte Album in ihrer Karriere nach.
Mir liegt die limitierte CD Version des Albums vor, welche neben dem Digipack mit zwei Bonussongs einen Lederpatch und einen kleinen Spiegel enthält.

Dieses Album bricht zwei Grundgesetze, die bislang jedes Shining-Album einhielt. So gibt es diesmal mit „Den påtvingade tvåsamheten“ (engl. Being Forced Into Twosomeness) ein Lied als reines Intro. Dieses besteht aus ambienten Soundscapes, begründet auf Gitarrenspielereien, die im Verlauf in ein richtiges Riff übergehen. Das erste vorab veröffentlichte Lied „Vilja & Dröm“ (engl. Will & Dream) beginnt schon mit Niklas' markanten Ruf und der Mann am Schlagzeug gibt direkt alles. Stimmlich wird hier bereits ein Großteil der Bandbreite geboten, die Shining ausmacht, während die Gitarren zwischen High- und Midtempo agieren.
Weiter geht es mit dem sehr balladesken Song „Framtidsutsikter“ (engl. Future Prospects); auch dieses Lied wurde im Vorfeld von der Plattenfirma als Stream präsentiert. Balladesk ist es deshalb, weil es keine volle Ballade ist – wäre auch bei Shining mehr als erschreckend – sondern ab einer gewissen Spieldauer doch noch etwas an Härte und Power dazugewinnt. Schon im nächsten Lied „Människotankens Vägglösa Rum“ (engl. Human Thoughts, A Room Without Walls) geht es aber schon wieder deutlich rockiger zu. Ich gehe sogar so weit, dieses Lied einen schnellen, tiefschwarzen Hard Rock Song zu nennen. Manche Bands sollten sich an diesem Song ein Beispiel nehmen, wie man ein sogenanntes „WahWah“-Effektpedal zu verwenden hat (Ich konnte mir diesen Seitenhieb in Richtung Metallica leider nicht verkneifen).
Ein weiteres Grundgesetz bei Shining war, dass der 5. Song immer ein reines Instrumentalstück ist. Da hier allerdings bereits das Intro gesangsfrei ist, bekommen wir auch in „Inga Broar kvar att bränna“ (No More Bridges Left To Burn) Kvarforths Gesang zu hören. Unterlegt von ruhig-sanften Gitarrenklängen schreit Niklas sich alles vom Leib, was in ihm ist und trotz der Sprachbarriere spürt man die Verzweiflung in jedem Wort mitklingen. Ohne kitschig zu werden, schafft Gitarrist Huss es hier auch noch, zum Ende ein Gänsehautsolo hinzulegen.
Mit „Besök från I(ho)nom“ (A Visit From WitHi(m)n) schließt ein weiterer vorab hörbarer Song das Album ab. Das Schlagzeug kommt mir hier im Vergleich zu den anderen Liedern nochmal deutlich schneller vor und der Bass zieht dröhnend durch den Song. Nach einem Cut folgt ein ruhigerer Teil, dessen Riff unermüdlich bis zum Ende durchgezogen wird, während erneut eine Spur verzerrte Gitarren dazu stoßen. Diese Symbiose geleitet letztendlich das Lied und damit auch die Standard Edition des Albums zu seinem unausweichlichen Ende.
Für die LP- oder Digipackbesitzer gibt es als Bonus noch eine Coverversion von Rammsteins „Ohne dich“ zu hören. Wenn man erst einmal über den gewöhnungsbedürftigen Akzent hinweg gekommen ist, entwickelt es sich zu einem kleinen Highlight. Zum Abschluss wurde mit „Black Industrial Eleven“ noch eine neue Version des Bandklassikers „Black Industrial Misery“ beigelegt, welche mehr an die Live gespielte Version dieses Liedes angepasst wurde.

Die neunte Shining-Platte ist für mich das beste Album dieser Band seit dem 2007er Output „V – Halmstad“ und bietet einen gelungenen Mix aus alten Shiningwerten und neueren Auswüchsen dieser Combo, sodass sie nicht nach einem Aufguss alter Tage und auch nicht zu experimentell verkopft klingt. Deshalb möchte ich der CD 5 von 6 Punkten geben.
Was ich zum Abschluss noch negativ bewerten möchte ist die Veröffentlichungspolitik der Plattenfirma. Wie kann man denn vor Release schon 50% der Standard Edition als Stream anbieten?

Anspieltipps: „Vilja & Dröm“, „Människotankens Vägglösa Rum“, „ Besök från I(ho)nom“ und „Ohne dich“

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