Mittwoch, 26. August 2015

HELDMASCHINE - LÜGEN

Releasedatum: 21.08.2015
Formate: CD, Download
MP Records, NDH, 12 Songs

Das dritte Album ist für viele Bands das wichtigste, mit ihm zeigt sich ob man eine Eintagsfliege ist oder sich über längere Zeit etablieren kann. Letztes Jahr in meiner Rezension zum zweiten Album „Propaganda“ nannte ich die Heldmaschine „die Durchstarter der NDH-Szene“. Die Erwartungen liegen also hoch.

Den Anfang macht der vorab schon auf einigen Konzerten gespielte Übersong „Collateral“. Zwischen schweren Gitarren und leichten Synthieklängen gebettet liegt der eingängige Refrain und schon hat man den ersten Brecher um die Ohren gehauen bekommen. In „Schwerelos“ ist es die Melodik und die Gesangsart der Strophen die mich fesselt und einem direkt ins Blut übergeht. Das Lied über eine gescheiterte Beziehung, die ziemlich aus dem Ruder läuft sichert sich jetzt schon einen Platz unter den besten Heldmaschine Songs, auch wenn er gegen Ende doch sehr gestreckt wirkt.
„Wir danken Euch“ besticht durch seine Synthie-Einlagen im leichten Industrial-Discoflair, gibt einen kleinen Einblick in das Tourleben und schmeichelt sich mit einem großen Danke an alle Fans ein. Mir hätte das allerdings zum Ende des Albums besser gefallen. Doch nun kommt zunächst einmal die Single „Wer einmal lügt“. Da man das Lied schon seit einem Monat hören kann hat es sich schon ordentlich in den Köpfen festgesetzt und ist auch zugegebenermaßen das erste Lied mit Kinderchor, dass mir wirklich gefällt. Auch der Einsatz von Dubstep-Elementen passt hier absolut perfekt und während die Synths unter die Haut gehen, treiben die Gitarren, der Bass und das Schlagzeug den Song mit der gewohnten Heavyness voran.
In einer Zeit voller Fremdenhass, Montagsspaziergängen „besorgter Bürger“ und brennenden Flüchtlingsunterkünften braucht man Songs wie „Ich will dein Bestes“, die sich dem wütenden Mob entgegen stellen. Mit orientalischen Drums und ebendiesen Melodiken in Kombination mit äußerst interessanten Stimmeffekten hat man hier ein knackiges Brett geschaffen, welches auch trotz einiger Wiederholungen nicht unnötig in die Länge gezogen daher kommt.
Schon auf der Eisheilige Nächte Tour mit Subway to Sally hat sich gezeigt wie gut die Heldmaschine und Unzucht zusammenpassen, nun gibt es den ersten wirklich gemeinsamen Song „Tränenblut“ in welchem man nicht nur den Schulz im Duett mit Heldmaschine-Sänger René, sondern auch De Clerqc mit feinsten Brüllereien zu hören bekommt. Der Refrain ist dank dem Gastgesang außerordentlich melodisch, während die Strophen recht bedrohlich wirken und es gibt die erste Gänsehaut für mich. Diese bleibt auch während „Ein Traum“ bestehen. Wem das gefühlvolle Duett mit Belle Verfürth nicht berührt, dem kann man offensichtlich garnicht mehr helfen. Das einzige Lied welches nicht bei mir zünden will ist „Maskenschlacht“. In den Strophen wirkt es etwas lasch und auch wenn die Refrains wieder kraftvoller ist, kann mich das Stück einfach nicht mitreißen.
„Einmal ist keinmal“ ist wieder ein ruhigeres Lied in welchem verschiedene Stimmeffekte zunächst verwirrend wirken, sich aber doch gekonnt in das Songgefüge einbinden und auch die stimmigen Synthies tragen sehr stark zur Stimmung bei. „Die Zeit ist reif“ ist hingegen wieder ein knackiger Industrial-Kracher. Die sich wiederholenden Synthiethemes stehen im tollen Kontrast zur Gitarrenfraktion und dank erneuter gesanglicher Unterstützung durch den Schulz bekommt der Song seine Portion Epicness ab. Diesen Schwung nimmt „Der Hammer fällt“ auch noch mit. Das erbarmungslose und vor allem kurzweilige Stück trumpft außerdem mit Gastgesang von niemand geringerem als Teufel von Tanzwut auf. Den Abschluss macht das grandiose Cover des Kraftwerk-Klassikers „Die Roboter“, welches das Lied in einen schönen Industrialrocker verwandelt.

War das Erstlingswerk „Weichen + Zunder“ noch eine erste Bestandsaufnahme und das zweite Album „Propaganda“ die Findung des eigenen Stils, perfektioniert man diesen mit dem dritten Album „Lügen“. Schwächen und Kinderkrankheiten der ersten Alben wurden ad acta gelegt und ein kurzweiliges Album der Spitzenklasse geschaffen, das man immer wieder gern anhört. Von mir gibt es dafür ungelogen 5 von 6 Punkten. Wer die Heldmaschine noch nicht kennt sollte das schleunigst ändern.

Anspieltipps: Collateral, Schwerelos, Wer einmal lügt, Ich will dein Bestes, Tränenblut

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